„Wer ein starkes Europa will, muss Sonntag zur Wahl gehen“

23.05.2019

Sechs Fragen an Niclas Herbst, Spitzenkandidat der CDU in Schleswig-Holstein für die Europawahl 2019

250 Wahlkampfauftritte hat Niclas Herbst seit Ende vergangenen Jahres absolviert, er ist in allen Kreisen Schleswig-Holsteins mehrfach aufgetreten und hat dabei allein mit dem eigenen Auto mehr als 20.000 Kilometer zurückgelegt. Dabei hat der Spitzenkandidat der schleswig-holsteinischen CDU für die Wahl zum Europäischen Parlament 2019 viel über die Stimmung im Lande erfahren. Wir wollten von Niclas Herbst kurz vor dem Wahlsonntag wissen, warum seiner Meinung nach eine Schicksalswahl bevorsteht und warum er deshalb dringend an alle appelliert, sich die Errungenschaften des Friedensprojekts Europa bewusst zu machen und unbedingt zu wählen.

1.    Warum ist diese Wahl so wichtig und warum sollte jeder, dem an einem demokratischen Miteinander in Europa gelegen ist, am 26. Mai unbedingt wählen?

Niclas Herbst: Weil alle großen Zukunftsaufgaben, vor denen wir stehen, vor allem die Sicherheit unserer Grenzen, die internationale Migration, Handelspolitik in Zeiten der Globalisierung oder die Folgen der Digitalisierung, auf europäischer Ebene gelöst werden müssen — allein nationalstaatlich wären sie nicht zu bewältigen. Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die Europa aus nationalistischen Gründen ablehnen, und es ist jetzt unsere Aufgabe, die europäische Integration gegen Populisten von links und rechts und die Störversuche anderer Staaten zu verteidigen.

2.    Stichworte Populismus, Nationalismus, Fake News. Welche Einflüsse haben Sie im Wahlkampf erlebt? Um wessen Interessen geht es dabei? Und wie kann man sich dagegen als aufgeklärter Bürger wehren?

Niclas Herbst: Es gibt gerade in den sozialen Medien viele Halbwahrheiten und Fake News, oft werden Dinge aus dem Zusammenhang gerissen und falsch eingeordnet. Wir müssen uns bewusst machen, dass nicht nur Nationalisten und Globalisierungsgegner, sondern auch Staaten wie China, Russland und zum Teil auch die USA großes Interesse an einem schwachen Europa haben — und wir müssen dagegenhalten. Ein sehr wirksames Mittel sind Gespräche im persönlichen Umfeld, die frei sind von der Hetze, die wir oft in sozialen Medien erleben. Es gibt zahlreiche gute Argumente für die europäische Integration, die wir im persönlichen Austausch immer wieder vermitteln müssen. Ich verstehe auch, dass Menschen durch negative Nachrichten in anderen Ländern, wie zum Beispiel den Brexit, besorgt sind, was eine positive Entwicklung der EU betrifft. Diese Menschen müssen wir bewegen, auch aus Sorge um das gemeinsame Europa unbedingt zur Wahl zu gehen.

3.    Welche Bedeutung hat Europa für den Einzelnen?

Niclas Herbst: Eine enorme Bedeutung. Vieles, was wir im Alltag genießen ist Ergebnis der europäischen Integration — zum Beispiel die Vorteile des Binnenmarkts, Verbraucherschutzrechte, Reisefreiheit oder die verbindenden kulturellen Erfahrungen, die sehr viele Studenten machen, wenn sie dank des Erasmus-Programms innerhalb der EU Auslandssemester machen. Wir dürfen das alles nicht als selbstverständlich nehmen, sondern müssen es immer wieder neu verteidigen. Im Übrigen glaube ich, dass man jede Entscheidung in Brüssel auf die Frage zurückführen kann, was bedeutet das für mich persönlich?

4.    Wie spüren Menschen, Wirtschaft, Kultur und Umwelt in Schleswig-Holstein den Einfluss Europas?

Niclas Herbst: Wir in Schleswig-Holstein, insbesondere im ländlichen Raum, würden ohne EU-Förderung bei weitem nicht die Unterstützung bekommen, von der wir so sehr profitieren. Ich nenne zum Beispiel die AktivRegionen, die als Förderinstrument für den ländlichen Raum eine sehr wichtige Funktion haben. Ich nenne auch die Förderung aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, kurz EFRE, die in der Regionalentwicklung eine erhebliche Rolle spielt, und die INTERREG- Programme zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Selbstverständlich gehört auch die Gemeinsame Agrarpolitik dazu, die Zahlungen an unsere Landwirte, aber auch Agrar-Umweltmaßnahmen. Es steckt viel mehr Europa in den Regionen, als die meisten Menschen vermuten.

5.    Wie erreichen EU-Befürworter die vielen Kritiker und Enttäuschten, die das Gefühl haben, nicht von Europa zu profitieren?

Niclas Herbst: Mir ist klar, dass sich nicht jedem erschließt, dass Europa für uns alle von Vorteil ist. Und ich kann auch verstehen, dass manchmal der Eindruck entsteht, dass das Projekt Europa sich im Kleinklein, im Detail und einem gelegentlich als auswuchernd empfundenen Bürokratismus zu verlieren scheint. Das führt zu dem Problem, dass manche Menschen argumentativ nicht mehr erreicht werden und gerne populistischen, meist falschen Behauptungen von EU-Gegnern glauben. Dagegen brauchen wir stabile Mehrheiten im Europäischen Parlament, um konstruktiv an einem Europa zu arbeiten, das sich einig und dadurch stark genug ist, sich in einer zunehmend komplizierteren Welt als eigenständige Kraft zu behaupten, die nicht allein Wirtschaftsmacht sein will, sondern auch für eine humanere Weltordnung stehen kann. Der Erfolg spricht dann für sich und wird auch Skeptiker von Europa überzeugen. Um das zu vermitteln, setzen wir im Schlussspurt vor allem auf das persönliche Gespräch an den Haustüren und Wahlständen.

6.    Warum am 26. Mai CDU wählen?

Niclas Herbst: Weil wir als CDU für ein Europa der Sicherheit stehen, unsere Außengrenzen gemeinsam schützen, Herausforderungen wie den Klimawandel und künstliche Intelligenz gemeinsam meistern und uns klar für die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes einsetzen. Mit uns wird es keine Vergemeinschaftung von Schulden in der EU geben.